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“Es ist eine Ehre für diese Stadt, diesen Verein
und die Bewohner Nürnbergs zu spielen.
Möge all dies immer bewahrt werden
und der großartige FC Nürnberg niemals untergehen.”
(Heiner Stuhlfauth)

Willi “Billy” bzw. “Heint” Billmann

geboren am 15.1.1911; gestorben am 17. August 2001.

Der Verteidiger, der seine Karriere beim Club 1930 als Halbstürmer begonnen hatte, spielte nach dem Krieg bis 1949 73mal als Spielführer in der Oberliga Süd. In 11 Länderspielen (er selbst zählt allerdings 12) stand er für Deutschland auf dem Platz. Während seiner gesamten Laufbahn wurde er kein einziges Mal vom Platz gestellt. Sein erstes von insgesamt 623 (nach eigener Aussage über 700) Spielen für den FCN absolvierte er 1930. Insgesamt stand er 18 Jahre in der ersten Mannschaft des 1. FCN. 1936 gewann er mit dem Club die deutsche Meisterschaft, 1935 (gegen Schalke 04) und 1940 den Pokal.

Der gebürtige, in Schweinau aufgewachsene Nürnberger Billmann, der als Techniker bei Siemens arbeitete und schon in jungen Jahren wenig Haare auf dem Kopf hatte, galt als Schnellredner, begnadeter Kartler und eisenharter Verteidiger, der mit englischer Härte dazwischenfuhr. Außerdem überzeugte er durch sein kraftvolles Kopfballspiel. Zuverlässigkeit und Ehrgeiz zeichneten den Spieler aus, der für Alkohol und Nikotin nie einen Pfennig ausgab und nur für den Sport lebte. Er wechselte 1929 vom Arbeitersportverein TV Leonhard-Schweinau, wo er als 12jähriger mit dem Fußball begonnen hatte,  zum 1. FC Nürnberg. Der damalige Club-Trainer Jenö Konrad zolte ihn zu einem Probetraining, bei dem er Heiner Stuhlfauth ein paar Bälle ins Netz legte. Das überzeugte Konrad. Zu seinem ersten Auswärtsspiel erschien er in Knickerbocker-Hosen. Auf dem Bahnhof sagte Hans Kalb zu ihm, dass man beim Club lange Hosen und Krawatten trage. Daraufhin musste er mit dem Taxi nach Hause fahren und sich umziehen. Zunächst spielte er in der Reserve und sollte später Nachfolger des gealterten Hans Kalb als Mittelläufer werden. Nach einigen Monaten fand er auf Betreiben des ungarischen Trainers Jenö Konrad, der als Jude später aus Nürnberg verjagt wurde, seine Stammposition als Verteidiger anstelle des in die Jahre gekommenen Luitpold Popp. Von Konrad war Billmann begeistert: „Von ihm habe ich am meisten gelernt. Konrad war einfach ein brillanter Fußballer.“

 

1932 bestritt der 1. FCN in Mannheim ein Vorschlussrundenspiel um die Deutsche Meisterschaft in Mannheim. Plötzlich fiel ein Läufer aus. Die Verantwortlichen kamen zu dem Ergebnis, dass Billmann ihn vertreten sollte. Im Spiel aber werkelte er auf der ungewohnten Position aufgeregt herum. Alle schimpften auf ihn, er war an allem Schuld. Entsprechend war die Stimmung auf dem Heimweg. Allein saß Billmann in einem Abteil. Schließlich stieg ein bekannter Sportjournalist zu ihm ein. Dummerweise verwechselte er ihn aber mit Karl Gußner. Billmann sprach kein Wort. Plötzlich aber fing der Journalist an, all seinen beißenden Spott über Billmann gegenüber dem vermeintlichen Gußner auszuschütten. Der schaute erstaunt auf und meinte: “So arg schlimm war es doch gar nicht.” Der Journalist aber ließ nicht locker und zählte alle Fehler Billmanns einzeln auf. Der Angesprochene schien absolut nicht einverstanden, hüllte sich in seinen Mantel und schlief ein. Nun fiel es dem Journalisten auf, dass alle Clubspieler, die ab und zu vorbeikamen, böse Blicke in das Abteil warfen. Schließlich fragte er einen von ihnen, warum die anderen denn das Abteil so mieden. Die Antwort lautete: “Weil doch der Billmann drinner hockt!” Später wachte Billmann wieder auf, aber die beiden Herren redeten nur noch wenig miteinander. Jahre später trafen sich die beiden einmal wieder. Billmann war inzwischen gestandener Nationalspieler. Da kam der Journalist von damals auf ihn zu und sagte: “Na, Gußner, wie geht’s ihnen denn eigentlich?” Billmann aber bleckte die Zähne und erwiderte: “Ich bin der Billmann, aber ich weiß schon, dass Sie mich immer mit dem Gußner verwechseln.”

Im Juli 1933 verletzte sich Billmann bei einem Gastspiel in Villingen schwer. Nach einem Tritt in die Rippen wurde er mit furchtbaren Schmerzen ins Krankenhaus eingeliefert, wo er nach Abreise der Mannschaft noch eine Woche lang stationär behandelt wurde.

Im Meisterschaftsendspiel 1934 gegen Schalke 04 zog sich Billmann einen Mittelhandbruch zu, spielte aber mit starken Schmerzen und einem Büschel Gras um die Hand weiter. Dass das Spiel, in dem der Club bis zur 87. Minute 1:0 führte, doch noch 1:2 verloren ging, konnte er nicht fassen: „Auf der Aschenbahn stand schon der Nürnberger Oberbürgermeister mit dem Lorbeerkranz für uns!“

Abbildung entnommen aus: 75 Jahre 1. FC Nürnberg
Der erste deutsche Pokalsieger der Geschichte im Jahr 1935:
hinten v.l.n.r.: Billmann, Köhl, Munkert;
Mitte v.l.n.r.: Luber, Uebelein I, Carolin, Oehm, Kassier Arnold, Trainer Dr. Michalke;
vorne v.l.n.r.: Gußner, Eiberger, Friedel, Schmitt, Spieß.

Abbildung entnommen aus: 75 Jahre 1. FC Nürnberg
Die Meistermannschaft von 1936:
oben v.l.n.r.: Billmann, Köhl, Munkert;
Mitte v.l.n.r.: Uebelein I, Carolin, Oehm;
vorne v.l.n.r.: Gußner, Eiberger, Friedel, Seppl Schmitt, Schwab
.

An diese Jahre hatte Billmann aber auch andere Erinnerungen: „Nach dem Training hatten wir eine halbe Stunde politischen Unterricht.“ Uttla Uebelein erinnerte sich: „Da haben wir immer geschlafen.“

Nach dem Pokalsieg 1935 schrieben die Düsseldorfer Nachrichten: “Billmann und Munkert bilden ein famoses Verteidigerpaar, dem an großer Klasse aber auch gar nichts fehlt.”

Im April 1936 widmeten Anhänger aus Leipzig Billman einen Ehrenhut und folgendes Gedicht:

“Munkerts Partner, ebenfalls äußerst stabil,
ist ‘Billi’, der Mann, der stets weiß, was er will.
Er macht nicht viel Worte, doch was er spricht,
ist immer verständlich und hat Gesicht.
Zur ‘eisernen Hintermannschaft’ gehört auch er,
drumm nimm diesen Stahlhelm, bitte sehr,
und denk immer, wenn über den Rasen du flitzt,
daß er dich vor Gefahr beschützt.”

1937 wurde Billmann eine große Ehre zuteil: Ausgerechnet er sollte in die Stiefel des großen Paul Janes schlüpfen, denn  der Star der Nationalelf war angeschlagen. Der Modellathlet kannte keinerlei Respekt, als 33 000 Züricher in seinem ersten Länderspieleinsatz die Schweizer Elf zum Erfolg schreien wollten. Vielmehr räumte er als Verteidiger kräftig auf, und die Deutschen gewannen 1:0. Doch einen Stammplatz erwarb sich der Nürnberger vorerst nicht, meist stand ihm Paul Janes im Weg. Erst als er vom rechten auf den linken Verteidigerflügel wechselte, bildete er mit ebendiesem Janes ein starkes Duo in der Nationalmannschaft. Es war jedoch das Pech des Abwehrspielers, dass er in diesem Team nie auf der Position spielen konnte, die er als Mittelläufer beim Club so hervorragend ausfüllte.

Abbildung entnommen aus Club-Revue 2/86
Die Endspielmannschaft des Jahres 1937, die Schalke 04 mit 0:2 unterlag.
Oben v.l.n.r.: Oehm, Carolin, Schmitt, Abel Uebelein, Friedel, Julius Uebelein, Gussner, Eiberger;
unten v.l.n.r.: Munkert, Köhl, Billmann
.

                                            Abbildung entnommen aus Wich/Kelber: Der Meisterclub
Eine Elf des FCN im Jahr 1939.
oben v.l.n.r.: Alfred Pfänder, Willi Spieß, Max Eiberger, Georg Luber, Karl Gußner,
Uttla Uebelein, Willi Kund, Heinz Carolin, Sold;
unten v.l.n.r.: Schorsch Kennemann, Georg Köhl, Willi Billmann.


Abbildung entnommen aus: 75 Jahre 1. FC Nürnberg
Der deutsche Pokalsieger 1939,
der wegen des Kriegsausbruchs jedoch erst im April 1940 ermittelt wurde:
stehend v.l.n.r.: Gußner, Billmann, Trainer Riemke, Sold, Carolin, Uebelein I, Köhl, Uebelein II;
knieend v.l.n.r.: Eiberger, Luber, Kund, Pfänder.

1940 gewann Billmann mit dem Club den Tschammer-Pokal durch ein 2:0 über Waldhof Mannheim.


                            
Abbildung entnommen aus Bausenwein u.a.: Die Legende vom Club
Vier Pokalsieger von 1940:
v.l.n.r.: Bubi Sold, Max Eiberger, Willi Billmann und Willi Kund


Abbildung entnommen aus Köhlers Fußball-Kalender 1950
Willi Billmann im Länderspiel gegen Ungarn 1940 in Berlin (2:2)

1941 reiste er unter falschem Namen in die Schweiz. Für das anstehende Länderspiel war ursprünglich der Kölner Alfons Moog vorgesehen, doch dessen militärische Vorgesetzte lehnten die Freistellung ab. Kurzerhand berief Sepp Herberger Willi Billmann. Die Ausreisepapiere konnten jedoch nicht mehr geändert werden und waren auf „Moog“ ausgestellt, was aber am Grenzübergang von den Schweizer Beamten nicht bemerkt wurde – wohl aber von einem deutschen Zöllner, der sich darüber lange wunderte.

 

Ebenfalls im Jahr 1941 reiste Billmann mit der Nationalmannschaft nach Schweden. Dabei sollte sich jeder Spieler bei der Begrüßung der Mannschaft einzeln dem schwedischen König vorstellen. Billmann sagte logischerweise: “Billmann, Nürnberg”. Zu seiner Verblüffung gab der König ihm die Hand und erwiderte: “Ah, aus Nürnberg! Wir müssen uns noch sprechen.” Während des Banketts kam dann ein Adjutant auf Billmann zu und sagte: “Spieler Billmann möchte bitte mitkommen zum König.” Er wurde zum König geführt und plauderte mit ihm. Beispielsweise fragte ihn Gustav Adolf, ob er ihn bei seinem Besuch anlässlich des Gustav-Adolf-Jahres in Nürnberg gesehen hätte.

Während des Krieges spielte Billmann zunächst in der Pariser Soldatenelf, dann aber wieder in Nürnberg. Nach Berlin dienstverpflichtet, spielte er ein Jahr bei Hertha BSC. Nun neigte sich seine große Karriere eigentlich ihrem Ende entgegen. Insgesamt sieben Jahre verbrachte er aufgrund des Krieges in der Fremde. Doch Anfang 1945 war er – mittlerweile   34 Jahre alt - wieder beim Club, mit dem er viele sogenannte „Fressspiele“ austrug, und wurde wieder zu einem Leistungsträger. In Altötting trat die Mannschaft zum Beispiel für eine halbe Sau an, in Saarbrücken für französische Stoffe, im Ruhrpott für einen Waggon Kohlen, in Lichtenfels für Anzugstoff und in Oberfranken für Porzellangeschirr. Als Nationalspieler erhielt Billmann von Sepp Herberger außerdem zusätzliche Lebensmittelmarken.

Mit einem Machtwort beendete Spielführer Billmann in der Saison 1946/47 einen Streikversuch der Spieler gegen das harte Training von Trainer Michalke. Danach lief das Clubspiel wieder wie geschmiert.

Anlässlich des im knöcheltiefen Schneematsch ausgetragenen Oberligaspiels gegen Schweinfurt 05 im Januar 1947 schrieb die Zeitschrift „Sport“: „Billmann würde wohl auch in kniehohem Schlamm und Wasser die Bälle wegwuchten und aufräumen.“

Die Clubmannschaft verlor im ersten Jahr nach dem Krieg kein einziges Spiel. Auch in der Saison 1947/48 gewann der Club fast alle Begegnungen und wurde souverän Südmeister und später deutscher Meister. Im Juli dieses Jahres schrieb das Sport-Magazin: „Willi Billmann, dem zuverlässigen Club-Internationalen, merkt man (außer am lichten Haarwuchs) kaum das Alter an. Er dient als Vorbild in der Nürnberger Mannschaft.“

                 Abbildung entnommen aus Sport-Magazin 29/1948
Willi Billmann in einem seiner letzten Spiele für den Club,
einem Freundschaftsspiel gegen den VfB Stuttgart.
Rechts Gerhard Bergner.

Als der FCN 1948 zum erstenmal seit den 30er Jahren wieder die Meisterschaft eroberte, gehörte Billmann dennoch schon zum alten Eisen. Er hatte in der Saison zwar noch einige Spiele absolviert, das Endspiel gegen Kaiserslautern konnte er aber nicht bestreiten. In einem der letzten Oberligaspiele der Saison gegen Schweinfurt erlitt er nämlich einen Kieferbruch, als er einen Streit schlichten wollte und vom Schweinfurter Spieler Paul Gorski mit dem Ellenbogen ins Gesicht gerammt wurde. Den Schlag soll man bis auf die Tribüne gehört haben. Der Schiedsrichter aber hatte ihn nicht gesehen. Billmann spielte mit einem Pflaster weiter, doch bedeutete der Kieferbruch das Ende seiner Fußballerlaufbahn.

                                                                       Abbildung entnommen aus Sport-Magazin 30/1948
In der Pause vor der Verlängerung des Halbfinales gegen den FC St. Pauli
kümmert sich Willi Billmann um seinen Kameraden Hans Pöschl.
Links am Boden: Herbolsheimer und Kennemann, rechts: Uebelein und Schaffer

Sich selbst charakterisierte der Verteidiger später mit den Worten: „Ich war schon ein harter Knochen!“ Die Tatsache, dass er während seiner langen Karriere – bis auf den schmerzlichen Schluss – niemals ernsthaft verletzt wurde, wertete er als eine glückliche Fügung.

Sein beruflicher Weg setzte sich bei  Siemens fort, wo er als Leiter des Terminbüros im Maschinen- und Apparatewerk Nürnberg 42 Jahre lang beschäftigt war.

Abbildung entnommen aus Club-Revue 1/86
Die Repräsentanten des 1. FCN, Andreas Weiß (rechts) und Edi Hahn
gratulieren Willi Billmann zum 75. Geburtstag. Neben ihm seine Frau Minna
.

Willi Billmann war der Vater des späteren Bundesliga- und Regionalligaspielers Jürgen Billmann.