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“Es ist eine Ehre für diese Stadt, diesen Verein
und die Bewohner Nürnbergs zu spielen.
Möge all dies immer bewahrt werden
und der großartige FC Nürnberg niemals untergehen.”
(Heiner Stuhlfauth)

Helmut “Herbala” Herbolsheimer

                                                   



geboren am 18.5.1925;

Herbolsheimer, der schon 1942 in die erste Mannschaft kam, bestritt für den Club von 1945 bis 1956 264 Spiele in der Oberliga Süd und erzielte dabei 89 Tore. Insgesamt spielte er 552mal für den Club. 1948 erkämpfte er mit dem Club die deutsche Meisterschaft.

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Abbildung entnommen aus Brömse: Max Morlock
Herbolsheimer (unten rechts) 1941 in einer Nürnberger Jugendauswahl.
Ganz rechts oben Maxl Morlock, oben zweiter von links Adi Knoll

Der gebürtige Fürther entstammte wie Zapf Gebhardt einer Wirtsfamilie und kam über den FSV 83 Gostenhof als 16jähriger zum Club. Der „Oberschwanzer“ war ein Spieler vom Typ des Dribblers und Flankenkönigs, der gefühlvoll seine Maßflanken servierte. Als begnadeter Supertechniker verwirrte er mit seinen unwahrscheinlichen Täuschungsmanövern und Tricks die Gegenspieler reihenweise - allerdings gelegentlich auch die eigenen Kameraden. Genau diese Unberechenbarkeit aber war es, die seinen Erfolg ausmachte. Den Zuschauern entlockte er wahre Beifallsorkane. Von vielen wird er als der beste Flügelstürmer, den der Club je besaß, bezeichnet. Club-Jugendleiter Luzner entdeckte das schmächtige Bürschchen, das so vollendet mit dem Ball jonglieren konnte, und holte es in die B-Jugend zu Morlock und Knoll.

In der Mannschaft galt er, der nie seinen sprichwörtlichen Humor verlor, zusammen mit Schorsch Kennemann als Stimmungskanone. Außerdem wurde der spätere Student der Wirtschaftswissenschaften in der Zeit der Kompensations- und Fressspiele nach dem Krieg dringend gebraucht, um über den Ertrag jeder Begegnung sorgfältig Buch zu führen. Einmal brachte er bei so einem Spiel in Aschaffenburg, wo viel Bekleidungsindustrie ansässig ist, alle zum Lachen, als er als Letzter am verabredeten Sammelpunkt eintraf – in einer braunen Hose, einem gelben Kittel und einem knallblauen Hemd.

Schon 1940 bildete er wie all die Jahre danach mit seinem Busenfreund Max Morlock in der Clubjugend einen traumhaften rechten Flügel. Oft führte er die Gegenspieler mit raffinierten Tricks und Täuschungsmanövern an der Nase herum.

Abbildung entnommen aus Setzepfand: 13 - meine Glückszahl
Maxl Morlock und Helmut Herbolsheimer in einem Freundschaftsspiel gegen Zagreb

Am 25. August 1943 wurde er zusammen mit Morlock zur Nachrichtenkompanie nach Schwabach einberufen. Noch längere Zeit konnten sie von dort aus den Club in seinen Spielen unterstützen. Clubvorstand Müller war auch dort und hatte als Gefreiter laut Herbolsheimer mehr zu sagen als der Major. Auf der Schreibstube begann man es bald ungern zu sehen, welche Freiheiten sich die jungen Rekruten herausnehmen durften. Der Adjutant des Kommandeurs wollte es zwar so, aber einem Spieß wollte es partout nicht in den Kopf, dass sie so oft zum Club verschwinden durften. Schließlich musste ja für jeden Trainings- und Spieltag ein Urlaubsschein ausgefüllt werden, und Herbolsheimer brachte es in einem Jahr auf 92, Morlock sogar auf 96 Urlaubstage. Besagter Spieß sorgte also dafür, dass die jungen Fußballrekruten, die in keine Heeresdienstvorschrift hineinpassten, bald bevorzugte Mädchen für alles wurden: fürs Latrinenreinigen, für Unteroffiziersdienste niedriger Art und andere Feinheiten. Dabei war Morlock ein tüchtiger Mann, ein Mustersoldat sogar, wie Herbolsheimer berichtete, der dies für sich selbst wiederum keineswegs in Anspruch nahm. So sagte er zum Beispiel, dass die Zielscheibe bei den Schießübungen für ihn immer zu klein war, Morlock hingegen damit viel besser zurecht kam. Max hätte also eigentlich nichts passieren können. Da die beiden aber so dicke Freunde waren und bei Herbolsheimer Hopfen und Malz verloren war, ließ der Spieß zum „gerechten Ausgleich“ den Max ständig „Gewehrpumpen“ – „damit ihr Spezi Herbolsheimer das Schießen lernt!“ Da der es aber nicht lernte, wuchsen auf diese Weise die Armmuskeln Morlocks ganz beträchtlich. Morlock ertrug die „Sonderbehandlung“ jedoch ohne aufzumucken, schließlich brauchte er ja wieder einen Urlaubsschein. Die beiden Clubberer teilten sich in Schwabach einen Spind. Herbolsheimer musste die gesamten Utensilien waschen und putzen, der ordnungsliebende Max räumte alles mit peinlicher Sorgfalt wieder ein. Beim Spindappell sah alles immer aus wie geleckt. Nur einmal hatte Morlock eine alte, verschimmelte Brotkruste übersehen, die den Augen des Spießes natürlich nicht entging. Triumphierend zog er sie heraus, tobte herum und machte sich auf, den zuständigen Leutnant zu holen. Da packte ein guter Kumpel Morlocks und Herbolsheimers die Brotkruste und fraß sie auf. Als der zurückgekehrte Spieß sie vergeblich suchte, meldete er, dass er sie aufgefressen habe. Daraufhin setzte es für alle 14 Tage Stubenarrest. Herbolsheimers grottenschlechte Schießübungen und der Zorn des Spießes, den er sich immer wieder zuzog, gingen einem mitleidigen Schießunteroffizier so zu Herzen, dass er den Clubberer eines Tages freundlich ins Gebet nahm. Herbolsheimer antwortete ihm, dass er so schlecht sehe und es deswegen halt leider nicht besser könne. Deshalb wurde beschlossen, dass er eine Schießbrille brauche. Herbolsheimer musste also zum Augenarzt, und der saß im Standortlazarett in Nürnberg. Dreimal musste Herbolsheimer hinfahren, was jedesmal einen ganzen Tag beanspruchte. Es ist immer ein Geheimnis geblieben, ob der Arzt ein Clubanhänger war. Fest steht bloß, dass Herbolsheimer am Schluss eine Schießbrille mit reinen Fenstergläsern hatte. Morlock aber musste weiter „Gewehrpumpen“, denn er schoss weiterhin meilenweit daneben. Mit den ersten Einsatzabstellungen aus Schwabach schickte man das Enfant terrible Herbolsheimer nach Krakau.

In der Weihnachtsausgabe 1946 schrieb die Zeitschrift „Sport“ anlässlich eines 3:1 gegen Kickers Stuttgart: „Besonders auffallend die sprunghafte Entwicklung Herbolsheimers!“ Im April 1947 fragte dieselbe Zeitung: „Erinnert Herbolsheimer in seiner Ballakrobatik nicht an Hochgesang?“

Ein Freundschaftsspiel bei Fortuna Düsseldorf gehörte später zu seinen Lieblingserinnerungen: “Wir haben zuerst unheimlich gestritten. Der Zapf Gebhardt war sogar so sauer, dass er den Platz verlassen wollte. Aber nach dem 0:1-Rückstand lief unser Spiel plötzlich auf Hochtouren und wir fertigten die Fortuna mit 10:1 ab.” Ihm selber gelangen in diesem Spiel drei Tore. Bei einem davon leistete er sich einen Scherz besonderer Art: Als er mit dem Ball am Fuß auf der Linie des Düsseldorfer Tores stand, fragte er seinen Freund Max Morlock, was er tun solle. Erst als der ihm den Rat gab, den Ball mit der Hacke zu versenken, schob er ihn auf diese Weise über die Linie.

Im Herbst 1947 musste Herbolsheimer ein Sanatorium aufsuchen, weil Schatten auf seiner Lunge festgestellt worden waren. Im Frühjahr 1948 kehrte er völlig geheilt zurück.

                                                                       Abbildung entnommen aus Sport-Magazin 12/1948
Die deutsche Studenten-Nationalmannschaft im März 1948.
Oben, 2. v.r.: Albert Reiser; unten ganz links: Gerhard Bergner, 2. v.l.: Spielertrainer Harry Read, 2. v.l.: Helmut Herbolsheimer.

                                           Abbildung entnommen aus Wich/Kelber: Der Meisterclub
Die Meistermannschaft 1948.
oben v.l.n.r.: Edi Schaffer, Abel Uebelein, Adi Knoll, Schorsch Kennemann,
Conny Winterstein, Uttla Uebelein (für ihn stand Schorsch Hagen im Finale),
Maxl Morlock;
unten v.l.n.r.: Helmut Herbolsheimer, Zapf Gebhardt, Gerhard Bergner, Hans Pöschl


                                                   
Abbildung entnommen aus Sport-Magazin 33/1948
Nach dem gewonnenen Meisterschaftsendspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern
werden die Clubspieler auf den Schultern der Zuschauer vom Platz getragen.
In der Mitte Herbolsheimer. Links mit dem Siegerkranz Zapf Gebhardt,
rechts Uebelein I.

In der Saison 1948/49 fiel er wegen einer Verletzung monatelang aus.

Als Max Morlock 1949 das erste Rendezvous mit seiner späteren Frau Inge hatte, besuchte er vorher den erfahreneren Herbolsheimer, um ihn zu fragen: „Wos mou i denn dou sogn?“

Im Oktober 1949 schrieb die Vereinszeitung des 1. FCN angesichts massiver Aufstellungsprobleme: “Der eine wünscht den Supertechniker Herbolsheimer, der andere verwirft ihn wegen seiner schwächlichen Konstitution.”

Abbildung entnommen aus Skrentny (Hg.): Als Morlock noch den Mondschein traf
Diese Auswahl Bayerns errang 1950 durch einen Sieg über Berlin den Bundespokal:
stehend v.l.n.r.: Lotz (Schweinfurt), Schade (Fürth), Baumann (Nürnberg), Streitle (Bayern), Platzer (BC Augsburg), Kennemann (Nürnberg), Moll (Bayern);
kniend v.l.n.r.: Niemann (Regensburg), Gebhardt, Herbolsheimer (beide Nürnberg), Brenzke (Fürth).

Unverständnis erregte bundesweit die Tatsache, dass Herbolsheimer nie in die Nationalmannschaft berufen wurde. So schrieb beispielsweise das Organ des westdeutschen Fußballverbandes: “Berni Klodt ist sicher der schnellste Außenstürmer Deutschlands, aber was faszinierende Technik und reine Ballkunst, Direktspiel und trickreiches Dribbeln, Täuschen und Kurven angeht, ist Herbolsheimer, Deutschlands bester Rechtsaußen, ein leuchtendes Beispiel.” Er selber meinte sachlich, Sepp Herberger habe ihn halt nicht gewollt, weil er mehr auf kämpferische Typen setzte. Für ihn stürzte deshalb jedenfalls die Welt nicht ein.

1950 unterschrieb Herbolsheimer wie sein Kamerad Zapf Gebhardt einen Vertrag beim FC St. Pauli. Zusammen machten sich beide auf den Weg. Doch 100 Kilometer von Nürnberg entfernt packte Herbolsheimer bereits solches Heimweh, dass er in Würzburg den D-Zug verließ, auf den gegenüberliegenden Bahnsteig wechselte und wieder heimfuhr.

1951 schrieb der bekannte Fußballkritiker Fritz Merk über Herbolsheimer: “Helmut Herbolsheimer ist die verkörperte Eleganz des Club-Sturmes. Manchmal zu schön, um wahr (und produktiv?) zu sein.” Auf der Weihnachtsreise nach Spanien 1951 erhielt er nach dem Sieg über den FC Barcelona ein Sonderlob von der Zeitung „El mundo deportivo“: „Herbolsheimer ist ein Ballartist hohen Grades!“

Im Januar 1955 schrieb Hans Hofmann: “Uns fehlen ein paar Stürmer, die es nicht nur im Kopf und in den Beinen haben, sondern vor allem in den Schultern. Die einen gehörigen Puff vertragen können und die sich kraft ihrer körperlichen Konstitution nicht so leicht vom Ball trennen lassen, wie es unseren Leichtgewichtigen meistens geschieht. Es fehlen uns auch die schnellfüßigen Außenstürmer, die an der Linie kleben und das Spiel zugunsten der Innenstürmer auseinanderziehen. Da denke ich insbesondere an unseren Herbolsheimer, der im Innensturm gegenüber einer robusten Hintermannschaft völlig untergeht, während er als Außenstürmer (wenn er Platz hält) gemäß seiner Balltechnik zwei Leute des Gegners binden kann.” Und im selben Monat hieß es an anderer Stelle der Vereinszeitung, Herbolsheimer gehöre von rechtswegen an die Außenlinie, “wo er allen versuchsweise aufgestellten Kandidaten den Rang ablaufen kann”.

Einen Monat später urteilte die Vereinszeitung: “Herbolsheimer braucht eine Erholungskur in der Reserve. Er ist noch in den besten Jahren und kann, wenn er zu sich selbst zurückfindet, wiederkommen.”

In der Sommerpause 1955 schrieb Hans Hofmann: “Die am meisten umstrittene Persönlichkeit unter den Stammspielern ist unser ballverliebter Herbolsheimer. Auf einwandfreiem Rasen sucht er an effektvollen Schnörkeleien seinesgleichen. Den Rechtsaußenposten macht ihm noch keiner der Ersatzleute streitig, es sei denn, dass diese ihm, was Ballführung anbelangt, doch noch auf den Pelz rücken.”

Im April 1956 schrieb Hans Hofmann nach einem siegreichen Spiel beim FSV Frankfurt: “Regie führten Herbolsheimer und Bergner. Warum sie das daheim nicht können, fragte ich sie. Weil der Zabo zu holperig ist, gaben sie zur Antwort. Er ist inzwischen gewalzt worden.” Im Mai fiel Hofmanns Urteil härter aus: “In Privatspielen und wenn wir auf die Dörfer gehen, da ist der Helmut nach wie vor das Paradepferd, aber in den harten Punktspielen verlor es oft seinen stolzen Gang. Als Außenstürmer mag er zur Not noch mittun können, bis ihm ein anderer den Rang abläuft. Als Innenstürmer kommt er kaum noch in Frage.”

Bei einem Gastspiel des AC Florenz in den fünziger Jahren beobachtete Herbolsheimer verdutzt, wie sich die Italiener vor dem Spiel ausgiebig aufwärmten. „Schaut hie“, rief er vor dem Anstoss seinen Kameraden zu, „die ham scho duscht!“ Traditionell unaufgewärmt gewann der Club dieses Spiel 6:2.

Auf sein Können angesprochen, erklärte Herbolsheimer: “Ich habe mir einige Tricks abgeschaut, aber auch manche selbst kreiert und mir in vielen Stunden angeeignet.” So etwas vermisste er stets im heutigen Fußball, in dem Schnelligkeit und Athletik fast ausschließlich dominieren. Das war auch der Grund dafür, warum Herbolsheimer kaum noch bei den Heimspielen des 1. FCN auf der Tribüne saß. Bis zur Meisterschaft 1968 allerdings war das anders. Nicht die Erfolge der Mannschaften begeisterten ihn, sondern deren Spielweise: “Da ist dem Zuschauer auch noch was fürs Auge geboten worden.”

Über sich selbst urteilte er: “Ich war nie ein Kämpfer, sondern ein sauberer, ein echter Individualist.” Ein weiterer überlieferter Ausspruch kennzeichnet ihn vielleicht noch genauer: “Es ist schöner, an die Latte als ins Tor zu treffen.” Im Gegensatz zu vielen seiner Kameraden, wollte er später nie die Zeiger der Uhr zurückdrehen, um in der Bundesliga spielen und viel Geld verdienen zu können. Der bedingungslose Kampf um den Ball, um jeden Zentimeter auf dem Platz hätte ihm wohl kaum behagt.

Schon Anfang der 50er Jahre machte er in der Fürther Straße 195 ein Toto-Lotto-Geschäft auf.

1956 wechselte er zu Viktoria Aschaffenburg.

Seit Mitte der 60er Jahre trat er zusammen mit seinem Freund Günther Heimbucher in dem Humoresken-Duo „Die Zwetschgermännla“ auf, wodurch er große Bühnenpopularität erlangte. Ende der 70er Jahre sollten beide sogar im ZDF auftreten, lehnten aber ab, als man verlangte, dass sie ihren Vortrag auf Hochdeutsch darbieten sollten.

Abbildung entnommen aus Club-Revue 3/1979
Die Zwetschgermännla

Mit einigem Erfolg trainierte er die Club-Amateure, den VfB Bayreuth, den FC Schnaittach und den ATV Nürnberg. Dann aber gab er die Trainertätigkeit auf, “weil es mir keinen Spaß mehr machte.” Die in den Vereinen nachlassende Geselligkeit, auf die der stets gut aufgelegte und witzige Herbolsheimer nicht verzichten konnte, bewog ihn zu seinem Abschied vom Fußball.