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“Es ist eine Ehre für diese Stadt, diesen Verein
und die Bewohner Nürnbergs zu spielen.
Möge all dies immer bewahrt werden
und der großartige FC Nürnberg niemals untergehen.”
(Heiner Stuhlfauth)

Luitpold “Poidl” Popp

Abbildung entnommen aus Bausenwein u.a.: Die Legende vom Club

geboren am 7. März 1893; gestorben 30. August 1968.

Der aus dem FC Pfeil hervorgegangene Popp absolvierte von 1917 bis 1935 870 Spiele für den 1. FCN. 1920, 1921, 1925 und 1927 wurde er mit dem Club deutscher Meister. Er bestritt 5 Spiele in der Nationalmannschaft.

Für seinen Wechsel zum Club erhielt der gebürtige Nürnberger natürlich kein Geld, denn das Profitum existierte damals in Deutschland noch nicht. Allerdings eröffnete ihm der Club unter der Hand die Möglichkeit, in den Tabakwarenhandel einzusteigen. Ob das Geschäft ihm allerdings ein entsprechendes Einkommen sicherte, darf bezweifelt werden, denn der Zigarrenliebhaber Popp selbst galt allgemein als sein bester Kunde. Und an der Tür des Ladens, den er zusammen mit Ludwig Wieder am Weißen Turm, Ludwigstr. 32, betrieb, hing meist ein Schild mit der Aufschrift “Komme gleich wieder!”


Abbildung entnommen aus Vereinszeitung des 1. FC Nürnberg, 5/1924

Der spätere Klassseverteidiger begann als enorm treffsicherer Halbstürmer. Sein Debüt feierte er am 1. Juli 1917 beim FC Schweinfurt 05, wobei er gleich 4 Tore zum 12:0 beisteuerte. Von Beruf war er Briefträger. Deswegen hieß es über ihn auch: “Wisst ihr, warum der Popp den Kasten so gut findet? Weil er in Zivil Briefträger ist!”

Der Stürmer war in der auf der linken Seite überragenden Clubmannschaft der einzige Mann von Sonderklasse auf dem rechten Flügel. Und dabei war er flexibler als die meisten seiner Kollegen auf links. Er brauchte sich den Ball nicht zurechtlegen, er schoss ihn, wie er kam. Ob links oder rechts, ob weit oder nah, er traf mit seinem harten, zielsicheren Schuss fast immer das gegnerische Tor. Später startete er eine zweite Karriere als eiserner und unverdrossenerVerteidiger, in der er nicht weniger erfolgreich war als in der ersten. Er habe, so heißt es, die Bälle aus den Füßen der Gegner herausholen können “wie ein Zahnarzt Watte aus gebohrtem Zahn”. Gerühmt wurde er auch für seine glänzende Ballführung.

Gerühmt wurde er auch für die Tatsache, dass er noch kurz vor dem Spiel mühelos eine Kalbshaxe verdrücken konnte. Auch sein Versuch, sich außerhalb Nürnbergs mit einer Hühnerfarm eine Existenz aufzubauen, scheiterte daran kläglich. Als eines Tages einige Mannschaftskameraden bei ihm auftauchten, um die Farm zu besichtigen, sahen sie sich verdutzt an. Da standen zwar große Ställe, aber trotz angestrengten Suchens entdeckten sie nur ein paar armselige Hühner. Sie fragten Popp, ob die Hühnerpest oder eine andere Seuche unter seinen Tieren gewütet habe. “Ach wo!” winkte er ab, “die hab ich scho fast alle gfressen. Hühnersuppe schmeckt mir nämlich viel besser als das ganze Eierzeug.”

In seinem Weihnachtsspiel des Jahres 1932 dichtete Dr. Pelzner:

Weit draußen, Richtung Oberpfalz,
dou wohnt a Mo - mer sicht’n als
die Sunntog a ban Fußballspieln -
von dem muß ich a Stück derziehln:
Der selbig Mo, der hout a Mogn,
der ko a Portion vertrogn.
Der Mo hout g’hatt a Hennazucht,
Döi werkli ihresgleich’n sucht,
doch aus Verseh’n, dou frißt er a
die Henna - samt die Gagala!
Und öitz behauptet er pikiert,
daß d’Hennazucht sich nicht rentiert.”

Nach seinem Wegzug aus Nürnberg wurde Popp von der Teilnahme am Training befreit.

Anlässlich seines ersten Länderspiels am 24. Oktober 1920 gegen Ungarn in Berlin, das Deutschland mit 1:0 gewinnt,  urteilte später der berühmte Sportjournalist Gerd Krämer: “Es wurde die größte Partie des Neulings Poldi Popp.”

Am 5. Mai 1921 absolviert er seinen zweiten Länderspieleinsatz beim 3:3 gegen Österreich. Hierbei gelingt ihm sein erstes und einziges Länderspieltor.

Im März 1922 unternahm der Club eine Tournee durch Spanien. In der Grenstadt Irun empfing man die Mannschaft mit einem siebengängigen Menü. Alle streckten schon beim vierten Gang die Waffen - bis auf Popp, der ein Esser von sagenhaftem Ruf war. Er half sogar noch seinen Tischnachbarn beim Aufessen und trank dazu zwei Kannen Wein. Am anderen Tag spielte er wie ein Gott. Hans Hofmann sagte über ihn: “Nichts blieb an ihm hängen. Anscheinend besaß sein Bauch ein Loch. Er hat niemals einen Rausch gehabt und war doch ein braver Mann.” Tatsächlich stand er - rank und schlank - noch als 36jähriger seinen Mann im 1934er Endspiel gegen Schalke 04. Neben reichlichen Portionen vertrug Popp auch ein paar Maß Bier ohne die geringste Schlagseite aufzuweisen. Obendrein qualmte er wie ein Schlot alles, was ihm in die Finger kam.

Eine besondere Rolle spielte er im Wiederholungs-Endspiel um die deutsche Meisterschaft 1922 gegen den HSV, das nötig geworden war, nachdem das erste Aufeinandertreffen nach 190 Minuten unentschieden abgebrochen worden war. Beim zweiten Versuch wurde Willy Böß bereits in der ersten Halbzeit vom Platz gestellt. Die erste Halbzeit der Verlängerung brachte das verletzungsbedingte Ausscheiden von Kugler, der es nach einer schweren Knieverletzung vor Schmerzen nicht mehr aushielt, und den Platzverweis von Heiner Träg. Als der Schiedsrichter den ersten Abschnitt der Verlängerung abpfiff, brach plötzlich Popp zusammen. Im Spielbericht von Peco Bauwens heißt es: “Ich ließ einige Zeit verstreichen, damit er sich erhole. Es wurde mir dann von Riegel erklärt, Popp könne nicht mehr weiterspielen. Ich machte darauf aufmerksam, dass ich das Spiel abbrechen müsse, da weniger als acht Mann auf dem Spielfelde seien. Riegel erklärte nach einiger Zeit, Popp könne nicht mehr eintreten. So brach ich vor Beginn der zweiten Verlängerung ab.” Das Spiel endete also wiederum unentschieden. Der DFB erklärte den HSV zum Meister, doch die Hamburger nahmen den Titel nicht an.

Am 29. Juni 1923 kommt Popp bei der 2:1-Niederlage in Schweden zu seinem dritten Länderspiel.

Kritik musste sich der zunehmend recht erfolglose Stürmer im März 1924 von einem anonymen Autoren in der Vereinszeitung gefallen lassen, der schrieb, dass “der Poldl vor lauter Fummeln vor dem Kasten nicht mehr zum Schießen kommt”. In der neuen Saison wurde er folgerichtig als Verteidiger eingesetzt und konnte auf seinem neuen Posten durchaus überzeugen. Allerdings haftete ihm ein viel zu starker Offensivdrang an. Die Vereinszeitung kritisierte deshalb zum Beispiel im Oktober 1924: “Zu unserem Schrecken treibt sich Popp überall herum, auf seinem Platze ist er selten. Es geht nicht an, sich sogar in der Stürmerreihe herumzutummeln und die Hintertüre offenzulassen! Hier müsste Kalb öfters nach dem Rechten sehen und dem ungestümen Drang unseres Popp Zügel anlegen.”

Am 21. September 1924 wird Popp zum vierten Mal in der Nationalmannschaft eingesetzt. Deutschland verliert in Ungarn mit 1:4.

Im Januar 1925 hieß es in der Vereinszeitung: “Die Unverwüstlichkeit Popps ist bewundernswert.”

Erstaunlicherweise wurde Popp seine Leidenschaft fürs Essen fußballerisch jedoch nie zum Verhängnis. Er sei ein Spieler gewesen, so konnte man lesen, “der nur mit vollem Magen seine Hochform” erreicht habe. Eine schöne, dazu passende Anekdote vermeldete die Vereinszeitung im März 1926 anlässlich eines Spiels beim Freiburger FC: “Im ‘Europäischen Hof’ gut beherbergt, hatten wir nur zu beklagen, dass unser ‘Boitl’ eine ganze Halbzeit lang auf die ihm zustehende Kalbshaxe warten musste. Er ertrug die Prüfung mit Gleichmut. Mit Befriedigung ist festzustellen, dass dafür bei ihrer schließlichen Ankunft Tische angeschoben werden mussten, um der Fuhre die notwendig Stütze zu gewähren. Popp war seiner Aufgabe gewachsen.”

Im April 1926 berichtete die “Kasseler Post” nach einem Gastspiel des 1. FCN beim SK Kassel 03 über Popp: “Man darf ihn als die gefährlichste Waffe der Vorderreihe bezeichnen.”

Am 20. Juni 1926 absolviert Popp beim 3:3 in Schweden das letzte seiner fünf Länderspiele.

Im Januar 1933 erhielt er während eines Spiels gegen die SpVgg Fürth die Nachricht, dass sein ältester Sohn an seinem Heimatort ins Eis eingebrochen sei. Sofort brach er nach Hause auf und der FCN spielte mit 10 Mann weiter. Nach Spielende kam dann allerdings die Entwarnung, dass Popps Sohn glücklich gerettet worden war.


Abbildung entnommen aus Vereinszeitung des 1. FC Nürnberg, 4/1933
Der 40jährige Poidl Popp mit Sohn

Im Dezember 1933 bestritt der bereits 40jährige sein 800. Spiel für den Club und war als Verteidiger noch immer eine Bank. Die Presse nannte ihn den “ältesten Fußballspieler der kontinentalen Spitzenklasse”.

Am 24. Juni 1934 stand er in der Clubelf, die im Meisterschaftsendspiel in Berlin dem FC Schalke 04 gegenüberstand. Vor dem Anpfiff antwortete er den Reportern auf ihre Frage, wer denn wohl gewinnen werde: “Der Club gewinnt! Das ist doch klar wie Kloßbrühe! Die Schalker können vielleicht einmal Meister werden, wenn ich nicht mehr dabei bin.” Das Spiel endete 2:1 - für Schalke. Schon während einer Trainingsbesprechung in der Woche vor dem Finale hatte er, als er hörte, dass Fritz Szepan bei Schalke den für ihn ungewohnten Posten des Mittelläufers übernehmen sollte, prophezeit: “Mittelläufer Szepan ist unser Gewinner!” Er sollte recht behalten - bis zur 60. Minute. Da beorderte Schalke-Trainer Bumbes Schmidt beim Stand von 1:0 für den Club Szepan in die Sturmspitze. Von nun an spielte nur noch Schalke. Kuzorra und eben Szepan wurden zum Dreh- und Angelpunkt des Spiels. Und in der 87. Minute köpfte er zum 1:1 ein. In der 90. Minute machte Kuzorra schließlich alles perfekt. Schalke holte seinen ersten Meistertitel. Das goldene Jahrzehnt der Schalker sollte beginnen. Für Popp aber bedeutete dieses Spiel nach 18 Jahren das Ende seiner Zeit in der ersten Mannschaft. Als ihn nach dem Spiel ein Reporter bezüglich seiner abgegebenen Prognose fragte, antwortete er: “Was soll ich dazu zu sagen haben? Es ist kein Wunder, dass wir verloren haben! Mit zehn solchen Anfängern! Die sind doch alle noch unter 30 und grün hinter den Ohren. Aber sie lernen’s schon noch!”

Zur Weihnachtsfeier 1934 dichtete Club-Vorstand Müller:

“Ich hatte neulich einen Traum:
Ich sah den Popp, ihr glaubt es kaum,
mit lauter silberweißem Haar
in einer jungen Fußballschar.
Und spielen tat er wie im Mai!
Das Volk geriet in Raserei.

In meiner Näh ein Engel stand
mit Silberflügeln am Gewand.
Ich fragte ihn: ‘O, sag mir doch:
Wie lange spielt der Alte noch?’
Da sagte er, es ist kein Spott:
‘Das weiß nicht mal der liebe Gott!’”

Im Frühjahr 1935 urteilte die Berliner “Fußballwoche” über Popp: “Noch immer unverwüstlich, elastisch und routiniert. Einfach nicht umzubringen. Der deutsche Fußball ist stolz auf ihn.”

Nach dem Krieg zog Popp in einen kleinen Ort in Oberbayern, weil er dort ein Haus geerbt hatte.

Zu seinem 60. Geburtstag widmete ihm Hans Hofmann in der Vereinszeitung das folgende Gedicht:

Horcht her, ihr Klan, es is fei woahr,
wos ich eich korz erzill:
Der Poidl is ötz 60 Joahr,
i man, dös is scho vill!
Denkt eich, daß der 20 Joahr hat gspilt,
dös is a Haf’n Zeit.
Paßt af, i setz eich glei ins Bild,
zwar liegt’s scho zruck recht weit.
Einst war der Poidl gout im Schuß,
und da hout mancher g’schaut,
denn den zu soig’n war Hochgenuß,
wöi der die Ball’n neihaut.
Zehr Joahr lang hout er dös su trieb’n,
dann hout er nem hi g’schoss’n,
dou is nix anders übriblieb’n,
es hout ihn zwar verdross’n,
mir hom den Poidl hint hi g’stellt,
ko dou sei Kunst beweis’n.
Meinad, der zeigt dahint der Welt,
daß sei Natur aus Eis’n.
Zehr Joahr hout er dahint’n gwergt
und wöi - dös mous i sog’n,
a jeda Sterma hout’n gfercht
und mast den Kerzern zog’n.
A su a Mannsbild find’st net glei,
i segats heit nu gern,
daß si a Popp stellt wieder ei.
Ihr Klan! Su möißt ihr wern.
Und löiba Poidl, wenn’sd dös löist,
so tou di an di halt’n,
bleib g’sund und munter, net verdröißt;
dös wünsch’n dir die Alt’n.

Und in Prosa fügte er hinzu: “Gott gebe ihm noch viele Jahre in seinem schlichten Dasein.”

1960 schüttelte man in der Geschäftsstelle noch einmal den Kopf über den unverwüstlichen Poidl, als er beim Club seinen Spielerpass anforderte. Seine Begründung: Er müsse ab und zu in der ersten Mannschaft seines Dorfes einspringen. Damals war er immerhin schon 67 Jahre alt.

Die neunte Meisterschaft seines FCN erlebte er noch mit. Ein paar Wochen später kam er bei einem Autounfall ums Leben.

Im Jahr 2006 wird der Haupttribünen-Block 41 im Nürnberger Stadion zu seinen Ehren nach ihm benannt.