Home
news
quellen
spielzeiten
nationalspieler
geburtstage
a
b
c
d
e
f
g
h
j
k
l
m
n
o
p
r
s
t
u
v
w
z
gästebuch
forum
kontakt
club-links
ground to ground

 

 

“Es ist eine Ehre für diese Stadt, diesen Verein
und die Bewohner Nürnbergs zu spielen.
Möge all dies immer bewahrt werden
und der großartige FC Nürnberg niemals untergehen.”
(Heiner Stuhlfauth)

Horst Weyerich

geboren am 13.8.1957;

Weyerich, ein ehemaliger Jugendspieler des 1. FCN, absolvierte von 1975 bis 1978 49 Spiele in der 2. Bundesliga, in denen ihm 16 Treffer gelangen. Von 1978 bis 1984 wurde er in 132 Erstligaspielen eingesetzt und schoss dabei 21 Tore. In der Saison 1979/80 wurde er wiederum  in 38 Begegnungen der 2. Bundesliga eingesetzt und erzielte 9 Treffer. In der Saison 1984/85 spielte er nur noch 11mal für den Club in der 2. Bundesliga und schoss 2 Tore.  Insgesamt trug er 445mal das Clubtrikot. 1974 wurde er mit dem Club Deutscher Jugendmeister.

Abbildung entnommen aus: 75 Jahre 1. FC Nürnberg
1974 wird die Clubjugend durch ein 1:0 über den 1. FC Köln deutscher Jugendmeister:
oben v.l.n.r.: Kraus, Steuerwald, Dorok, Lindner, Weber, Dämpfling, Hartig, Sommer;
unten v.l.n.r.: Weyerich, Kosian, Suffel, Schöll, Reichenbach, Müller, Niemann

Seine Karriere begann bei Viktoria Nürnberg. Mit zehn spielte er erstmals in der Stadtauswahl, mit 14 - nachdem er 1970 zum Club gewechselt war - in der Bayernauswahl, mit 16 in der deutschen Schülerauswahl, mit 17 in der DFB-Jugend, deren Kapitän er wurde. Als Schüler war er aber nicht nur Fußballer, sondern auch Handballtorwart, der mit Jahn 63 Nürnberg Bayernmeister wurde. Schon von klein auf wurde er von seinen Mannschaftskameraden als Führungsfigur anerkannt. Erstens war er immer einen Kopf größer als sie und hatte eine imposante Statur, zweitens war ihm fußballerisch einfach viel in die Wiege gelegt, das ihn über die anderen hinaushob. Noch als Jugendlicher durfte er unter Hans Tilkowski sein Debüt in der ersten Mannschaft geben. Da seine Karriere noch vor dem Abitur begann, wirkte sich der Sport notgedrungen auf die Schulleistungen des jungen Spielers aus, der eigentlich Lehrer werden wollte. Dazu meinte er: “Ab der ersten Berufung in die Schülernationalelf habe ich in der Schule einiges für den Fußball sausen lassen und konnte mir dadurch Grundlagen für die späteren Klassen nicht mehr erarbeiten.” Zum Abitur brachte er es deshalb nie. Umso erfolgreicher ging er seinen sportlichen Weg.

Weyerich war ein begeisterter Schachspieler, Böll- und Wallraff-Leser, aktives Juso- und SPD-Mitglied und engagierter Kriegsdienstverweigerer, der nicht zur Bundeswehr ging, weil er etwas Effektives und Sinnvolles tun wollte. Eine Mitarbeiterin der Lebenshilfe, wo er seinen Zivildienst ableistete, erzählte über den 20jährigen: „Wir haben auch zuerst gedacht, da kommt so ein eingebildeter Fußballstar. Jetzt möchten wir, und vor allem die Kinder, den Horst nie mehr missen.“ Weyerich war auch sonst keiner, der den Star heraushängen ließ. Im Gegenteil! Er selbst meinte: “Ich sehe mich nicht als Star, weil ich von dem ganzen Rummel nichts halte.” Es wäre ihm viel lieber gewesen, anonymer leben zu können. Sein erster Trainer im Profibereich, Horst Buhtz, urteilte über ihn: “Ein Naturtalent, dem alles zu leicht gefallen ist. Ich hoffe sehr, dass er sich noch mehr Profidenken aneignet.” Ganz anders dagegen Zapf Gebhardt, der nach Buhtz und Werner Kern Weyerichs Trainer war: “In den letzten Monaten hatte ich viel Freude mit der Mannschaft und der Entwicklung einiger Spieler. Ich möchte da voran Horst Weyerich nennen, der immer mehr zur zentralen Figur unserer Abwehr geworden ist und diszipliniert spielt. Er ist der große Rückhalt geworden. So wie er jetzt spielt, zählt er zu den besten Liberos in Deutschland.”

Abbildung entnommen aus Club-Revue 5/78
Weyerich als Zivildienstleistender bei der Lebenshilfe.


Abbildung entnommen aus Club-Revue 5/78

Besonderes Ansehen genoss Weyerich bei der Nürnberger Jugend, der sein Äußeres und sein Umgang mit den Jugendlichen imponierte - und die Tatsache, dass er der nürnbergischste der wenigen Nürnberger im Club-Team war. Aus diesem Grund lehnte er auch alle Angebote aus der Bundesliga (zum Beispiel von Eintracht Frankfurt oder Kickers Offenbach) ab, als der Club noch in der zweiten Liga herumkrebste. Seine Begründung: “Ich brauche meine gewohnte Umgebung. Mir gefällt es in dieser Stadt. Ich will meine wirklich guten Bekannten nicht verlieren, und schließlich wohnt hier auch meine Freundin.”

Weyerich war der wohl profilierteste Vertreter einer neuen, selbstbewußten Spielergeneration, die in Nürnberg endlich dafür sorgte, dass es auf die Frage nach der Bundesligatauglichkeit des 1. FCN wieder eine positive Antwort gab. Als überdurchschnittlicher Mittelläufer, kompromissloser Kämpfer und nervenstarker Elfmeterschütze spielte der 6fache Schüler- und 11fache Jugendnationalspieler in der damaligen Tradition einen klassischen Ausputzer, der meist abstoppte, wenn die Mittellinie in Sicht kam. Er galt vorübergehend als hoffnungsvollstes Libero-Talent der Bundesliga. Nach seinen Vorbildern gefragt, antwortete er: “Ich habe kein Vorbild. Beckenbauer bestimmt nicht!” Bis heute hält er mit 13 verwandelten Strafstößen den Rekord des besten Elfmeterschützen, den der Club in der Bundesliga je hatte. Dennoch meinte er: “Es hat sich so ergeben, dass ich bei uns die Elfmeter schieße. Als Spezialist betrachte ich mich nicht.” Trotz seiner Nervenstärke, die dafür sorgte, dass er sich auch bei Misserfolgen nicht aus der Bahn werfen ließ, war er auch nicht frei von seelischen Anfechtungen. So meinte er einmal über die Fans: “Die Erwartungshaltung unserer kritischen Fans überträgt sich auf unser Team, das belastet und verkrampft.” Er hätte sich etwas mehr Verständnis gewünscht, denn wie er - der zugegebenermaßen nicht der Trainingsfleißigste war - versuche doch jeder, im Spiel das Letzte zu geben. Über sich selbst sagte er: “Sensibel bin ich nicht, aber selbstkritisch.”

Abbildung entnommen aus Haala: Der Club
Saison 1978/79: Der Aufsteiger 1. FC Nürnberg, der schon wieder vor dem sicheren Abstieg steht, verpasst den Bayern eine deftige 4:2-Klatsche.
Horst Weyerich steuert ein Elfmetertor bei, indem er Sepp Maier in die falsche Ecke schickt
.


Abbildung entnommen aus Club-Revue 5/1979
Aus dem selben Spiel stammt diese Zweikampfszene mit Paul Breitner.


Abbildung entnommen aus Club-Revue 5/1979
Szene aus der Saison 1978/79:
Der Club und der HSV trennen sich 3:3.
Rechts “Kopfballungeheuer” Horst Hrubesch.

So sensibel er im Privaten war, so aufbrausend war er auf dem Platz. Aufsehen erregte er im August 1980 als er im Spiel gegen den HSV ausgerechnet seinem späteren Mannschaftskollegen Werner Dreßel eine Watsch’n verpasste. Platzverweis und acht Spiele Sperre waren die Quittung für diesen Ausraster. Sein Kommentar: “Der Werner Dreßel sprang hoch, plötzlich verspürte ich einen Schmerz, dann ist mir das so rausgerutscht.” Für Weyerich war es ein derber Tätschler, für den Schiedsrichter eine handfeste Ohrfeige. Später gestand der Sünder aber, die Entscheidung des Schiedsrichters sei korrekt gewesen.

In der Saison 1981/82 machte Udo Klug Reinhold Hintermaier an Weyerichs Stelle zum Libero. Die Begründung Klugs lieferte der Kicker im Februar 1982: “Wer einen konstruktiven Libero besitzt, hat einen Mann mehr im Spiel. Weyerich, der sich auf destruktives Tun beschränkt, begrenze eigene Variationsmöglichkeiten und töte den Überraschungseffekt.” Im April stand in derselben Zeitschrift: “Die Frage, ob Weyerich oder Hintermaier Libero spielt, hat sich gelöst. Es ist kein Geheimnis, dass Udo Klug den Österreicher als freien Mann für wertvoller hält, weil er dem Spiel mehr Impulse und Ideen geben kann. Zum anderen wollte er auf den körperlich starken, immer einsatzfreudigen Weyerich nicht verzichten. Er versuchte es mit ihm ja sogar als Sturmspitze; aber das Experiment ging bekanntlich schief. Und auch im Mittelfeld konnte der frühere Jugendnationalspieler keine optimale Leistung bringen. Sein Platz ist eben auch - oder nur - der Liberoposten.”

Über seine Erfahrungen mit Karlheinz Rummenigge im Pokalfinale 1982 erzählte Weyerich: “An Rummenigge durfte man gar nicht hinkommen. Er drückt mit dem Hintern, lässt sich dann selbst nach vorn fallen. Und der Schiri fällt prompt drauf rein!”

Als Weyerich im November 1982 im Spiel gegen den Karsruher SC zum dritten Mal hintereinander schon vor der Winterpause der jeweiligen Saison die rote Karte bekommen hatte, klagte er: “Ich kann doch nicht gasförmigen Zustand annehmen! Nur den Fuß hab ich hinten rausgetan, da war ja auch der Ball. Ich habe mir da jedenfalls nichts vorzuwerfen. Einen Vorwurf hätte ich mir machen müssen, wenn ich gar nicht reagiert hätte.” Dabei hatte er sich doch bessern wollen: “Ich hatte mir fest vorgenommen, mit weniger als vier Gelben die Saison voll durchzuspielen. Ich habe mich mit Schiedsrichtern nicht mehr eingelassen und zurückgehalten, wo es nur ging. Das hatte einige Zweikämpfe gekostet, es drückte meine Kritiken.” Nach dem Spiel wurde der Horst sicherheitshalber von Club-Anwalt Sven Oberhof ins Schlepptau genommen. Sein Kommentar: “Das war vielleicht gut gemeint, doch nicht nötig. Ich bin nicht nachtragend, nicht mal eine halbe Stunde lang. Privat bin ich die Ruhe selbst. Meine letzte Schlägerei geht ins Kindheitsalter zurück.”  Dass ihn viele als Wiederholungstäter und üblen Treter bezeichneten, hielt er für Rufmord.

Abbildung entnommen aus Kicker/Sport-Magazin 92/82
So berichtete der Kicker nach dem Spiel gegen den KSC, in dem Horst Weyerich wieder einmal die rote Karte sah. Weyerich wurde damals eine ganze Seite “gewidmet”.
Im Bild die Szene nach der ersten Verwarnung. Rechts Schiedsrichter Engel,
am Boden das “Opfer”, der KSC-Libero Bold.

Weyerich war einer der 5 Clubspieler, die bei der Spielerrevolte am 28. Oktober 1984 Trainer Heinz Höher den offenen Brief der Mannschaft übergaben, in dem dessen Ablösung gefordert wurde. Zwei Tage später wurde er von Präsident Schmelzer fristlos gekündigt.

Nach seiner Zeit beim Club spielte Weyerich zwei Jahre in Fürth und ein Jahr in Zirndorf. Schon gegen das Ende seiner Karriere arbeitete er hauptberuflich bei der Lebenshilfe in Fürth.